Die ersten 50 Jahre der Vereinigung der Buchantiquare und Kuperstichhändler in der Schweiz

1960 bis 1970

Dass es nicht allenthalben so euphorisch zuging, zeigt an der GV 1960 die Diskussion über die Beitragserhöhung, die man im Hinblick auf den nächsten in die Schweiz einzuladenden Liga-Kongress vorzunehmen bereit war, „doch um die Höhe dieses Beitrages wurde heftig debattiert.“ In der nachfolgenden Abstimmung wurde dann eine befristete Erhöhung des Jahresbeitrages auf Fr. 100.- angenommen.

15. ILAB Kongress in Basel 1962

An dieser GV wurde Michael Slatkine aus Genf zum neuen Präsidenten gewählt und in seine Amtszeit fällt der 15. Liga-Kongress, der vom 2. bis 7. September 1962 in Basel stattfand, erfolgreich betreut von Adolf Seebass und seiner Mitarbeiterin, Frau Verena Tammann.

Er begann mit einem Empfang durch die Basler Regierung im Wildtschen Haus, einem prächtigen Patrizier Palais aus dem 18. Jahrhundert. Die folgenden Sitzungen und Versammlungen wurden ergänzt durch Ausstellungen der Universitäts-Bibliothek und des Kupferstich-Kabinetts im Kunstmuseum, während die Damen an einem Nachmittag nach Schönenwerd ausgeführt wurden, um dort das berühmte Bally-Schuhmuseum zu besichtigen. Ein ganztägiger Ausflug auf die Rigi „fand begeisterten Beifall, da die Sonne programmgemäss aus dem dichten Nebel hervortrat und Alphornbläser das ihre dazu beitrugen, diese Seite des Hirtenvolkes in einer originellen Art zu präsentieren“. Einen weiteren Tag verbrachten die Kongressisten in Zürich wobei man für die Damen, denen man nicht zumuten wollte, von ihren Ehemännern auf die Bücher- und Graphik-Pirsch durch Zürichs Antiquariate mitgenommen zu werden, eine Besichtigungstour in die Schokoladefabrik Lindt & Sprüngli ausgedacht hatte. Diesen Tag krönte eine Bootsfahrt auf dem Zürichsee mit Aperitif, Nachtessen und Tanz, während anderntags, wiederum in Basel, der Kongress mit dem traditionellen Abschiedsdiner im stimmungsvollen ‘Schützenhaus’ seinen Abschluss fand. Bei den diesbezüglichen Abrechnungsbelegen ist ein Posten (nebst demjenigen für die Tanzkapelle), der schmunzeln macht: „Fasnachtmusik Fr. 200.-“. Auch ohne Augen- und Ohrenzeuge gewesen zu sein lässt sich lebhaft vorstellen, mit welcher Überraschung und sicher auch Begeisterung deren Darbietung von den ausländischen Kollegen aufgenommen wurde.

Natürlich vernachlässigte man die geschäftlichen Möglichkeiten eines solchen Anlasses nicht und organisierte eine gemeinsame Verkaufsausstellung, für die das Antiquariat Haus der Bücher seine stilvollen Räume - im ehemaligen Wohn- und Druckhaus von Hieronymus Froben, wo Erasmus seine letzten Monate verbrachte - zur Verfügung stellte. Der Erfolg war nicht schlecht, konnten doch fast 1700 Franken (10% vom Verkaufserlös) an die Kongress-Kosten beigesteuert werden. Wie seinerzeit in Genf, wurden auch in Basel diese Kosten - die jeweils mit den Teilnehmerbeiträgen nur zum kleinen Teil gedeckt werden können - mit zeitweilig erhöhten Mitgliederbeiträgen und vor allem mit freiwilligen Spenden in variierender Höhe abgesichert. Die Endabrechnung schloss sogar mit einem kleinen Plus für die Verbandskasse.

Auch die publizistischen Möglichkeiten eines solchen Kongresses wurden wahrgenommen und in der Wochenend-Ausgabe der ‘Basler Nachrichten’ vom 1./2. September 1962 erschien ein ausgewogener Artikel über die Tätigkeit der Buchantiquare und der Liga aus der Feder eines Kollegen (Felix Bloch), während ‘Der Schweizer Buchhandel’ eine Sondernummer mit einigen entsprechenden Beiträgen herausgab. Dabei waren u. a. ein Aufsatz von Martin Bodmer, der die Arbeit des Antiquars aus der Sicht des Sammlers würdigte, und ein Artikel von Paul Scherrer über das private und öffentliche Sammeln und die Rolle des Antiquars, wobei seine Gedanken (1962) über das spekulative Sammeln und dessen Auswirkungen auf die Preise heute (1989) aktueller sind denn je.

Nicolas Rauch

Am 18. September 1962, kurz nach dem Basler Kongress, erlag Nicolas Rauch in seinem 66. Lebensjahr einer tückischen Krankheit. Vor dem Kriege Geschäftsführer der Pariser Filiale von Maggs Bros., kam er 1939 in die Schweiz zurück, wo es vorerst galt, ein paar harte Jahre durchzustehen, bevor er noch vor Kriegsende als Manager der Fa. Roth in Lausanne und ab 1947 unter seinem eigenen Namen die damalige bibliophile Welt mit seinen prächtigen Katalogen überraschte. Nach Kundig's Tod führte er auch dessen Auktionshaus weiter. N. Rauch hinterliess bei allen, die ihn näher kannten, eine grosse Lücke.

Die folgenden 60er Jahre standen ganz im Banne der Hochkonjunktur. An der GV 1963 wurde August Laube jun. als Nachfolger von M. Slatkine zum Präsidenten gewählt (und leitete in dieser seiner ersten Amtszeit die Geschicke des Verbandes bis zur GV 1969). 1963 wurde an der GV auch zum ersten Male ein Thema diskutiert, das in der Folge noch viel zu reden geben wird: Buchmessen.

Hochkonjunktur

Die erste dieser Messen wurde 1958 vom Englischen Verband in London durchgeführt, gefolgt von der ‘Stuttgarter Messe’ des Deutschen Verbandes seit 1961. Zur GV 1964 wurde auf den Mont-Pelerin (über Vevey) ins Hotel Du Parc eingeladen, um so den Teilnehmern die Möglichkeit zu geben, am anschliessenden Sonntag die EXPO in Lausanne zu besuchen. Aus den Unterlagen geht jedoch nicht hervor, ob damals daran erinnert wurde, dass die VEBUKU 25 Jahre vorher, während der Landi 1939 in Zürich, gegründet wurde. Mag sein dass dies Gedenken von den hektischen Geschäften der Hochkonjunktur verdrängt wurde.

Diese „wurden jedoch in nicht unbedeutendem Masse auch von der Inflation beeinflusst, die die schönsten Gewinne zum Teil illusorisch werden lässt“, schreibt der Präsident in seinem Jahresbericht und in einem Begleitschreiben zum Kassabericht ‘seufzt’ der Kassier: „Wie Sie sehen, hat die Konjunktur auch unser Verbändlein erfasst, dass Vermögen hat die ungerechtfertigte Höhe von über 15'000 Franken erreicht. Abhilfe kann da nur geschafft werden, wenn wir die Generalversammlung auf 8 Tage ausdehnen...“

Die GV auf dem Mont-Pelerin hat dann natürlich nicht acht Tage gedauert, war aber immerhin als ein Wochenende gedacht (wobei allerdings nur das Mittagessen von der GV am Samstag auf Kosten der Verbandskasse ging; Nachtessen und Übernachtung fakultativ und auf Kosten der Teilnehmer). Erschienen sind dann ganze 13 Mitglieder (inklusive des Vorstandes), dabei waren die Neufassung der Satzungen und Usancen zu besprechen und über die nicht unwichtige Neuregelung abzustimmen, wonach in Zukunft nicht mehr Firmen, sondern natürliche Personen Mitglieder der Vereinigung sind.

•  Hellmut Schumann