Die ersten 50 Jahre der Vereinigung der Buchantiquare und Kuperstichhändler in der Schweiz

Zürich, den 25. Juni 1939

„Mit Begeisterung ist der Verband 9:45 Uhr gegründet“, nachdem „durch Handaufheben und einzelne Anfrage 25 Anwesende (plus 6 schriftliche Zustimmungen) der Gründung des Verbandes zustimmten“.

Dies wurde damals natürlich nicht in den Mittagsnachrichten des Radios mitgeteilt - da hörte man täglich drohendere Nachrichten von der sich über Europa zusammenballenden Kriegsgefahr - aber so steht es im Protokoll der Gründungsversammlung unserer Berufsvereinigung. Diese Versammlung im Hotel Savoy (Baur en Ville) ist um 9:10 eröffnet worden und der alsbald zum Tagespräsidenten gewählte W.S. Kundig aus Genf gab dann (wiederum laut Protokoll) zunächst einige einführende Worte zur Vorgeschichte der Gründung.

„Die ersten Anfänge stammen aus Besprechungen, die etwa ein Jahr zurückliegen, unter den Herren Kundig, Frauendorfer, (Julius) Hess, Seebass, Schumann und Laube. Die Aussprachen erfolgten meist gelegentlich Auktionen, die die Herren zusammenbrachten. Die Beteiligten waren von der Gründung eines solchen Verbandes mehr und mehr überzeugt. Die Notwendigkeit ist vor allen Dingen darin zu erblicken, dass es bisher in der Schweiz keinen eigentlichen Fachverband für Buchantiquare gab. Die verschiedenen Mitglieder waren einerseits Mitglied des Schweiz. Buchhändler-Vereins, anderseits Mitglied des Verbandes der schweiz. Antiquare und Kunsthändler, aber in keinem der beiden Verbände konnten ihre Interessen und Belange voll und ganz berücksichtigt werden. Die Initianten hielten es unbedingt für nötig, einem kulturell so bedeutenden Stand die wirtschaftliche Anerkennung bei Behörden zu verschaffen, bei welch letzteren das ernsthafte Antiquariat oft nicht als voll anerkannt, sondern meistens mit den ‚Trödlern’ in einen Topf geworfen wurde.“

„Ferner sehen die Initianten die Notwendigkeit auch darin, dass die wirtschaftlichen Belange im internationalen Verkehr stärker als bisher berücksichtigt werden müssen und den Behörden gegenüber eine grössere geschlossene Stosskraft entgegengesetzt werden muss. Dies betrifft insbesondere Clearing- und Zoll-Fragen. Das Wissenschaftliche- und Kunst-Antiquariat ist der Überzeugung, dass auch hier das Antiquariat mehr als bisher berücksichtigt werden muss. Die Initianten wünschen ausserdem recht enge Beziehungen zu in- und ausländischen kongenialen Verbänden anzuknüpfen und allen Mitgliedern nutzbar zu machen“.

Soweit der etwas trockene Originalton des Protokolls. Nach einigen Diskussionen über die zukünftigen Statuten, zu denen ein Entwurf vorgelegt wurde, erfolgte die offizielle Aufforderung an die Teilnehmer, dem soeben aus der Taufe gehobenen Verband beizutreten, was, wie gesagt, „mit Begeisterung“ geschah und einen Anfangsbestand von 31 Mitgliedern ergab.

Nach Festsetzung der Aufnahmegebühr und des Jahresbeitrages (auf je Fr. 25.-) erfolgte die Wahl des ersten Vorstandes:

W.S. Kundig, Präsident;

Dr. Aug. Klipstein, Vize-Präsident;

Hellmut Schumann, Aktuar (oder wie man heute sagt, Sekretär);

Aug. Laube, Kassier;

B. Wepf, Beisitzer.

Vor Schluss der Sitzung (um 11:25, wie ordnungsgemäss im Protokoll festgehalten) ergriffen zwei Mitglieder das Wort und „danken den Initianten für die bisher geleisteten Vorarbeiten und hoffen auf ein glückliches Gedeihen des Verbandes“. Nicht vermerkt im Protokoll, aber als sicher darf angenommen werden, dass die frischgebackenen Verbandsmitglieder anschliessend hungrig, aber wohlgelaunt zu einem gemeinsamen Mittagessen schritten. Sicher ist auch, dass ein Teil der von auswärts angereisten Kollegen den Rest des Nachmittages benutzte, um die ‚Landi’ (die Landesausstellung 1939) zu besuchen, die am 6. Mai ihre Tore geöffnet hatte. (...)

Schon die Wahl des etwas umständlichen Verbands-Namen: deutsch ‚Vereinigung der Buchantiquare und Kupferstichhändler in der Schweiz’ und französisch ‚Syndicat de la librairie ancienne et du commerce de l'estampe en Suisse’, sowie die in Gebrauch genommenen Abkürzungen VEBUKU und SLACES, die ja auch nicht gerade wohlklingen, ist nicht mehr zu belegen, obschon deren ‚Erfindung’ sicher einiges zu diskutieren gab. Sehr wahrscheinlich wurde damit dem Umstand Rechnung getragen, dass damals ein verhältnismässig grosser Teil der in der Schweiz ansässigen Antiquare, sowohl bei den Initianten wie bei den Gründungsmitgliedern, Ausländer waren. Bemerkenswert ist auch, dass der Name explizit darauf hinweist, dass hier ‚Buchantiquare und Kupferstichhändler’ vereinigt sind, auch dies sicher um der damaligen Mitglieder-Konstellation gerecht zu werden (wobei nicht zu vergessen ist, dass unter ‚Kupferstichhandel’ damals derjenige mit alter und moderner Meister-Graphik sowie mit qualitätsvoller Helvetica verstanden wurde).

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